Bericht von der Demonstration zum internationalen Frauentag 2018 in Oberhausen

100 Jahre Frauenwahlrecht – und immer noch viel zu tun

Demonstration zum Internationalen Kampftag der Frauen

Zum dritten Mal in Folge demonstrierten anlässlich des 8. März auch in Oberhausen Frauen und Männer für Frauenrechte.

 

Unter dem Mot­to „Gutes Aus­kom­men mit dem Ein­kom­men ein Leben lang“ hat­te das Frau­en-Ple­num Ober­hau­sen für Sams­tag, den 10. März mit einem Bünd­nis dazu aufgerufen.

Dass Frau­en auch heu­te noch deut­lich nied­ri­ge­re Arbeits­ein­kom­men und Ren­ten haben als Män­ner und war­um dies so ist, wur­de bei der Demo von meh­re­ren Red­ne­rIn­nen benannt.

So wies Peter Kös­ter von der IG BAU dar­auf hin, dass laut DGB die Stun­den­löh­ne von Frau­en im Durch­schnitt 21 % nied­ri­ger sei­en als die von Män­nern. Berech­nun­gen der „Arbeit­ge­ber“ kämen auf eine Lohn­lü­cke von 13,5 %. Dass es einen erheb­li­chen Unter­schied zwi­schen Män­ner- und Frau­en­löh­nen gibt, sei somit unstrittig.

In Island gäbe es bereits seit 1970 ein Gesetz, das Lohn­gleich­heit vor­schrei­be. Wenn dies in einem so klei­nen Land mög­lich sei, soll­te Deutsch­land das auch kön­nen. Das hier seit Juli 2017 gel­ten­de Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­setz sei dage­gen ledig­lich ein indi­vi­du­el­les Aus­kunfts­recht ohne recht­li­che Kon­se­quen­zen. Über­dies wür­den ledig­lich 40 % der Frau­en von dem Gesetz erfasst.

Die gestie­ge­ne Lebens­er­war­tung bedeu­te auch, dass Frau­en bei der gege­be­nen Ren­ten­si­tua­ti­on län­ger arm sei­en. Von Betriebs­ren­ten sei­en sie meist aus­ge­schlos­sen. Um dem Pro­blem Alters­ar­mut zu begeg­nen, for­der­te Peter Kös­ter eine Bür­ger­ver­si­che­rung, in die alle ein­zah­len, also auch Bes­ser­ver­die­nen­de, Selb­stän­di­ge und BeamtInnen.

Da Frau­en häu­fig unfrei­wil­lig in Teil­zeit arbei­te­ten, wäh­rend vie­le Män­ner ger­ne ihre Stun­den­zahl redu­zie­ren wür­den, plä­dier­te er für ein all­ge­mein gel­ten­des Recht auf Arbeitszeitverkürzung.

Die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te für Ober­hau­sen, Brit­ta Cos­tecki, stell­te wei­te­re Aspek­te der Ein­kom­mens­un­gleich­heit zwi­schen den Geschlech­tern heraus:

Frau­en­be­ru­fe“, also Beru­fe, die haupt­säch­lich von Frau­en aus­ge­übt wür­den, wür­den gemes­sen an der hier­für benö­tig­ten Qua­li­fi­ka­ti­on deut­lich schlech­ter bezahlt als „Män­ner­be­ru­fe“.

Zudem hät­ten Frau­en über­pro­por­tio­nal häu­fig Mini­jobs oder sei­en pre­kär beschäftigt.

Für die Fami­li­en­ar­beit sei­en sie wei­ter­hin die Hauptverantwortlichen.

All dies schla­ge sich in der Höhe der Arbeits­ein­kom­men nie­der und spä­ter dann in der Höhe der Ren­ten. Wenn die Lohn­lü­cke nicht nach dem Stun­den­lohn son­dern unter Ein­rech­nung von Fak­to­ren wie Teil­zeit etc. berech­net wür­de, so läge sie bei mehr als 45 %.

Eine wei­te­re Unge­rech­tig­keit sei, dass Allein­er­zie­hen­de – über­wie­gend Frau­en – zu 45 % auf Leis­tun­gen des Job­cen­ters ange­wie­sen sei­en. Dass dies nicht zu einem Auf­schrei führt, hält Brit­ta Cos­tecki für ein Armutszeugnis.

Über die Fra­ge der Ein­kom­mens­gleich­heit hin­aus blei­ben wei­te­re Rech­te, die wir noch erkämp­fen müssen:

So kam bei der Demons­tra­ti­on auch das The­ma „Gewalt an Frau­en“ zur Spra­che. Kör­per­li­che Unver­sehrt­heit und der Schutz von Frau­en und Kin­dern vor häus­li­cher Gewalt sind lei­der auch in Deutsch­land nicht selbstverständlich.

Suna Tanis vom Ober­hau­se­ner Frau­en­haus kri­ti­sier­te, dass es immer noch kei­ne gesi­cher­te Finan­zie­rung der Frau­en­häu­ser gäbe. Ein Tag im Frau­en­haus kos­te 33 Euro pro Tag. Habe die Betrof­fe­ne zwei Kin­der, sei­en es 99 Euro pro Tag. Die­se Sum­me könn­ten die Frau­en nicht selbst auf­brin­gen, sie sei­en also auf Sozi­al­leis­tun­gen ange­wie­sen. Die­se wür­den aber häu­fig abge­lehnt. Dann blie­be nur die Finan­zie­rung durch Spenden.

Frau­en­häu­ser sei­en zudem über­füllt und könn­ten Not­fäl­le kaum auf­neh­men, so auch in Oberhausen.

Suna Tanis for­der­te einen kos­ten­frei­en, schnel­len Zugang für alle von Gewalt betrof­fe­nen Frau­en und ihren Kin­dern zu Frauenhäusern.

Cor­ne­lia Schie­ma­now­ski von der GEW wand­te sich in ihrem Rede­bei­trag gegen die Ver­su­che rech­ter Grup­pie­run­gen, den Kampf für Frau­en­rech­te für sich zu ver­ein­nah­men. Was von die­ser Sei­te käme, sei ledig­lich Angst­ma­che­rei. Tat­säch­lich sei ihre Poli­tik gegen die Inter­es­sen von Frau­en gerich­tet und stel­le sogar bereits durch­ge­setz­te Rech­te in Frage.

Auch der inter­na­tio­na­le Cha­rak­ter des Frau­en­tags kam bei der Demons­tra­ti­on zum Aus­druck: Meh­re­re Bei­trä­ge nah­men Bezug auf den Frau­en­streik, an dem sich am 8. März zahl­rei­che Frau­en – und auch Män­ner – in aller Welt betei­ligt hat­ten. So leg­ten ins Spa­ni­en 5,3 Mil­lio­nen Men­schen die Arbeit nie­der. Frau­en ver­wei­ger­ten unbe­zahl­te Tätig­kei­ten wie Haus­ar­beit. Eben­falls beein­dru­ckend waren die kraft­vol­len Frau­en­de­mons­tra­tio­nen in der Tür­kei, an denen sich Tau­sen­de betei­lig­ten und so dem des­po­ti­schen Erdo­gan-Regime trotzten.

Die Ver­an­stal­tung in Ober­hau­sen ende­te mit dem Auf­tritt eines Chors und dem Stück „Brot und Rosen“. Andrea-Cora Walt­her vom Frau­en-Ple­num for­der­te alle Teil­neh­me­rIn­nen auf, im nächs­ten Jahr jeweils eine wei­te­re Per­son mit­zu­brin­gen, damit die Demons­tra­ti­on in 2019 noch bun­ter und lau­ter wer­de. Und rief dazu auf, so lan­ge auf die Stra­ße zu gehen, bis Frau­en glei­che Rech­te und glei­chen Lohn für glei­che Arbeit hät­ten und die unbe­zahl­te Arbeit in Haus, Pfle­ge, Erzie­hung und Bil­dung end­lich die Aner­ken­nung fin­de, die sie verdiene.

Petra Sta­ni­us